Julian Barnes und die Erde aus der Perspektive von Apollo 8 anno 1968
Friedvolle Weihnachten 2016 wünsche ich mit den Worten von Julian Barnes, der die Perspektive des „Erdaufgangs“ beschreibt:
Im Dezember 1968 startete die Mission Apollo 8 zu ihrer Fahrt zum Mond. Am Heiligen Abend flog das Raumschiff um die Rückseite des Mondes und traf in die Mondumlaufbahn ein. Beim Verlassen dieser Bahn waren die Astronauten die ersten Menschen, die eine Erscheinung sahen, für die ein neues Wort benötigt wurde: den „Erdaufgang“. Der designierte Pilot der Mondlandefähre William Anders fotografierte mit einer speziell ausgerüsteten Hasselblad-Kamera eine zu zwei Dritteln aufgegangene Erde, die sich in einen nächtlichen Himmel erhob. Anders Bilder zeigen sie in kräftigen Farben mit einer fedrigen Wolkendecke, wirbelnden Sturmbahnen, tiefblauen Meeren und rostfarbenen Kontinenten. Später sinnierte Generalmajor Anders:
Der Erdaufgang traf uns wohl alle wie ein Schlag in die Magengrube…
Wir sahen zurück auf unseren Planeten, dorthin, wo wir entstanden sind.
Unsere Erde war ziemlich bunt, schön und zart im Vergleich zu der ausgesprochen rauen, zerklüfteten, löchrigen, ja langweiligen Mondoberfläche.
Ich glaube, wir merkten alle, dass wir 240 000 Meilen weit geflogen waren, um den Mond zu sehen, und das wirklich Sehenswerte war der Anblick der Erde.
Damals waren Anders‘ Fotos ebenso verstörend wie schön, und das sind sie bis heute geblieben. Uns selbst aus der Ferne anzusehen, das Subjektive plötzlich objektiv zu machen: Das versetzt uns einen psychischen Schock.
Aus: Julian Barnes, Lebensstufen (S.38)
Mehr unter: http://earthobservatory.nasa.gov/IOTD/view.php?id=36019